Rufe unterscheiden: Besser dreimal gemessen

22. Februar 2024

Bereits seit 2005 verwenden wir selbst entwickelte Messwerte zur Beschreibung von Fledermausrufen. Diese gehen weit über die üblichen Parameter hinaus und lassen sich mit einfachen Verfahren sehr gut und zuverlässig aus den Aufnahmen extrahieren. Diese Werte je Ruf haben sich in den letzten Jahren als relativ gut für die automatische Bestimmung von Arten erwiesen (bcDiscriminator, batIdent 1.x). Jedoch haben wir gemerkt, dass im Rahmen unserer manuellen Auswertungen manchmal noch weitere Parameter bewusst oder - häufig - unbewußt eine wichtige Rolle spielen. Das haben wir zum Anlass genommen, unsere Messwerte zu erweitern.

Keine Sorge, wir stellen jetzt hier nicht alle 180 Messwerte vor. Aber ein paar wenige wollen wir mal erklären und zeigen.

Beispiele für Messwerte

Die Liste der alten Messwerte umfasste bereits solche, die recht stabil gegenüber Messfehlern waren. Die Messwerte beruhen auf einer Extraktion des Rufverlaufs und einer Bildung von 1 kHz breiten Klassen (ab 100 kHz dann 2 kHz). So wird zum Beispiel der Wert FMod (modale Frequenz), der die Frequenz angibt, aus diesen Klassen ermittelt. Innerhalb dieser Klasse liegen die meisten Messwerte. Oder eben NMod, die Anzahl der Messwerte für FMod. Dieser Wert ist vergleichbar mit der Hauptfrequenz oder genauer, der Frequenz mit dem höchsten Energieanteil. Jedoch gemessen ohne mögliche Artefakte einer FFT-Berechnung. Ein weiterer guter Wert ist die Frequenz der letzten Millisekunde der Aufnahme Flastms. Solche Werte erweisen sich vor allem dann als sehr sinnvoll, wenn die Rufe einen qcf Anteil in der zweiten Rufhälfte aufweisen. Bei frequenzmodulierten Rufen sind diese nicht immer so sinnvoll. Sie beruhen auf Rufabschnitten mit nur geringen Frequenzänderungen.

Steigungen und Knicks - die machen es ?!

Bestimmen wir Arten zum Beispiel aus der Gattung Myotis mit Hand, dann achten wir auf die Steigung der Rufe und verschiedene Punkte, an denen sich die Steigung ändert. Wir suchen dann zum Beispiel den Myotis-Knick. Nun lässt sich das natürlich auch bei einer automatischen Vermessung nutzen. Wir machen es dann noch etwas komplizierter, indem wir noch über Teilstücke der Rufe mitteln. So lassen sich Messungs-bedingte Schwankungen gut ausgleichen. Und schon können wir in der Rufbestimmung auch solche Messwerte verwenden. Inklusive der Steigungen am Punkt und der Winkel. Das Bild zeigt zum Beispiel die Werte Fknee, Rknee (Steigung), Fmk und Rmk.

Daneben messen wir diverse andere Steigungen und Frequenzen zum Beispiel in der Mitte des Rufs, am Ort geringster Steigung oder in der Mitte der Rufbandbreite. Diese Werte gehen in die Rufbestimmung ebenso mit ein, wie zum Beispiel aus diesen abgeleitete Werte. So können wir erstmalig automatisch Ruftypen wie fm, fm-qcf und qcf ermitteln.


Messwerte und ihre Streuung

Will man Arten anhand ihrer Rufe bestimmen, greift man auf diverse Messwerte zurück. Ein paar haben wir eben schon vorgestellt. Man wird dabei sehr schnell feststellen, dass manche Messwerte recht stabil sind. Zum Beispiel die Hauptfrequenz von Zwergfledermäusen. Die finden wir zumeist im Bereich von 43 bis 48 kHz. Andere Messwerte hingegen streuen enorm stark. Zum Beispiel die Startfrequenz bei Myotis-Rufen. Manchmal ist diese Streuung dabei von der Fledermaus bewusst genutzt, manchmal ist sie aber nur Folge der Aufzeichnung. So verhält sich das zum Beispiel mit den hohen Startfrequenzen, die manchmal gar nicht am Mikrofon ankommen. Zur Beurteilung der Referenzdaten sehen wir uns von zahlreichen Messwerten daher auch ihre Verteilung an. Im Bild die Verteilungen der Startfrequenz gegenüber der Ruflänge.

Als weiteres Beispiel die Frequenz der letzten Millisekunde (Flastms) über der Rufdauer. Hier sieht man zum Beispiel gut Unterschiede zwischen den Gattungen.

Normale Streuung oder schlechte Aufnahme?

Ein Modell zur Unterscheidung von Arten anhand ihrer Rufe muss so trainiert werden, dass die Streuung der Messwerte mit beinhaltet ist. Wenn es sich um eine durch die Fledermaus verursachte Streuung handelt. Entsteht die Streuung nur auf Grund schlechter Aufnahmequalität, dann wiederum kann sie sehr störend sein. Leider ein Dilemma, denn in der täglichen Anwendung wiederum werden immer wieder Aufnahmen verarbeitet, die eine geringe Qualität aufweisen. Dies lässt sich nicht verhindern, da Fledermäuse nicht gezwungen werden können, optimal ins Mikrofon zu rufen. Im Bild eine Übersicht von Rufen einer Bartfledermaus, die zumeist nicht vollständig aufgezeichnet wurden.